„In aller Kürze …“ – Anmerkungen zur Geschichte von „Hollekusse“

Das Dorf Langenholdinghausen – bis 1966 zum Amt und vormaligen Gericht Freudenberg gehörig -bildet heute einen Teil des „Oberzentrums“ Siegen. Trotz seiner Nähe zu den Industriezentren an der Ferndorf und an der Sieg ist Langenholdinghausen ein Ort im Grünen geblieben, geprägt von einer eher ländlich zu nennenden Struktur. Die Gemarkung des Dorfes umfaßt eine Fläche von insgesamt 598 ha, etwa 45 % davon sind Waldflächen.

Gegründet wurde Langenholdinghausen womöglich schon im 7.Jahrhundert, spätestens jedoch um die Mitte des 11. Jahrhunderts hat der Ort bereits existiert. Die Dorfgründer waren vermutlich Sachsen, die aus dem sächsisch-westfälischen Raum - also von Norden kommend - in das heutige Siegerland einwanderten.

Die erste schriftliche Erwähnung des Ortes datiert vom 1. Mai 1277. Damals schenkten der Ritter Hermann von Wilnsdorf und seine Frau Gertrud dem Kloster Keppel ihre zu „Holdinkusin“ gelegenen Güter. Auf diese Güter gehen die Hofstellen von „Kolwe“ und Gisselersch“ zurück, zwei Anwesen, deren Weg durch die Geschichte sich seit mehr als 700 Jahren verfolgen läßt. In weiteren Akten und Urkunden aus der älteren Zeit wird Langenholdinghausen u. a. als „Hadinchusen“ (1295), Haildenkuß (1391), „Haldenkusen“ (1405), „Hollenkusen“(1504) oder „Holdingkusen“ (1534) bezeichnet.

Die Besiedlung des Ortes nahm ihren Anfang zwischen dem heutigen „Zinnwald“ und dem Fuße des „Alten Berges“, also in dem Bereich, wo sich heute das alte Spritzenhaus befindet. Die Stelle war windgeschützt, halbwegs eben und in der Nähe des Baches – der „Meiswinkel“ – gelegen. In den darauffolgenden Jahrhunderten wurde der rechts vom Bach gelegene Hang des „Alten Berges“ bebaut. Entlang der heutigen Holdinghauser Straße in Richtung Meiswinkel entstand das sogenannte „Oberdorf“, das sich noch im Verlaufe des 15. Jahrhunderts zum Schwerpunkt der Ortschaft entwickelte. Die damals vollzogene „Zweiteilung“ des Dorfes fand sich zeitweilig auch im Ortsnamen wieder: In den Akten des 15. und 16.Jahrhundert ist mehrfach die Rede von „Nedern Holdenkusen“ (1498) und von „Obernholdingkhausen“ (um 1576). Der Namensvorsatz „Langen-“ findet erstmals im Jahre 1558 Verwendung, als das Dorf „Langenhollinghausen“ genannt wird. Bemerkenswert ist, daß in die plattdeutsche Form des Ortsnamens die Vorsilbe „Langen-“ nie aufgenommen wurde: Denn bis zum heutigen Tage und damit vermutlich schon über mehr als 40 Generationen hinweg nennen die Langenholdinghauser ihr Dorf „Hollekusse“.


Blick über den "Mühlengraben" auf die alte Mahlmühle im Sommer 1921

Aus dem Jahre 1461 vermelden die Akten für die Ortschaft Langenholdinghausen 9 Steuerzahler, 1496 betrug deren Zahl dann allerdings schon 20. In den darauffolgenden Jahren wuchs das Dorf nur langsam: 1563 umfaßte das Dorf 20 Häuser mit 119 Einwohnern und fast 250 Jahre später – im Jahre 1808 – waren es nicht mehr als 32 Häuser mit 176 Bewohnern. Auch noch in dieser Zeit lag der Ort abseits der stärker befahrenen Verkehrswege: Im Holzklautal, durch das ein wichtiger Fahrweg von Klafeld kommend über den Mühlenberg und den Bruch nach Niederholzklau und von dort ins „Bergische Land“ führte, stand bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts nur ein einziges Gebäude: Es war die der Landesherrschaft gehörende Mahlmühle, auf die es schon aus dem Jahr 1496 schriftliche Hinweise gibt. Erst ab der Mitte des 19.Jahrhunderts setzte dann auch im Holzklautal, nämlich auf dem „Bruch“ und entlang der heutigen Olper Straße, eine fortschreitende und bis zum heutigen Tage anhaltende Bebauung ein. Diese Bautätigkeit führte zu einer allmählichen Verlagerung des Siedlungsschwerpunktes des Dorfes aus dem Tal der „Meiswinkel“ in das „Holzklautal“. Während der 1950er Jahre entstand eine Neubausiedlung am „Mühlenberg“, an die wiederum seit Anfang der 1970er Jahre das Wohngebiet „Am Westhang“ angeschlossen wurde. Bei diesem Wohngebiet handelt es sich um eine Hochhaussiedlung im Stile ihrer Zeit. Der enorme Bevölkerungszuwachs des Dorfes während der letzten Jahrzehnte ist vornehmlich der Bebauung des „Westhangs“ zuzuschreiben: Während das Dorf Langenholdinghausen im Jahre 1952 noch 82 Häuser mit 570 Einwohnern zählte, betrug die Einwohnerzahl der mittlerweile zum „Stadtteil“ gewordenen Ortschaft im Jahre 2005 1851 Personen.


Ochsenfuhrwerk im alten Dorf um 1937

Trotz der regen Bautätigkeit innerhalb der letzten 50 Jahre haben die älteren Ortsteile von Langenholdinghausen ihr über Jahrhunderte gewachsenes, dörfliches Erscheinungsbild gewahrt. Der Bestand an historisch wertvollen Gebäuden ist überaus bedeutsam und im Bereich der Stadt Siegen wohl einzigartig: Insgesamt 26 Anwesen des Ortes stammen in ihrer Bausubstanz ganz oder in wesentlichen Teilen aus der Zeit zwischen 1500 und 1800. Vornehmlich handelt es sich dabei um längs- oder quergeteilte Ernhäuser in Fachwerkbauweise, darunter das Haus von „Hürschdersch“ aus dem Jahre 1660. Zwölf Häuser datieren aus der Zeit zwischen 1800 und 1900 und weitere 30 Häuser entstanden zwischen 1900 und 1945. Darunter sind viele mit den für ihre Zeit typischen Gestaltungsmerkmalen. Ergänzt wird das bauliche Ensemble durch eine größere Zahl dörflicher Wirtschaftsgebäude. Dazu gehören kleinere Fachwerkscheunen, verschiedene Werkstätten, ein an der Holdinghauser Straße in den Hang gebauter Keller aus dem Jahr 1742 und die schon erwähnte landesherrschaftliche Mühle im Holzklautal mit dem jetzigen Mühlenbau aus dem Jahr 1782. Sehenswert ist auch das Wasserrad an der Holdinghauser Straße. Es wurde im Jahr 1908 installiert, um die Maschinen einer Schreinerei anzutreiben. Ebenso beachtenswert sind die erhalten gebliebenen dörflichen Gemeinschaftseinrichtungen, darunter das im Jahr 1911 errichtete alte Spritzenhaus mit dem im Jahre 1954 aufgesetzten Steigerturm und die in den Jahren 1928/29 am „Fußfeld“ erbaute ehemalige Volksschule der einst selbständigen Gemeinde. Seit Anfang des Jahres 2001 ist das Ortsbild von Langenholdinghausen durch eine Gestaltungssatzung geschützt.

Im Berufs- und Arbeitsleben der örtlichen Bevölkerung bildeten in früherer Zeit die Viehzucht, der Ackerbau und die Haubergswirtschaft den Schwerpunkt. Der aufgrund der fränkischen Erbteilung in der Regel geringe Flächenbesitz der einzelnen Familien, die im Verhältnis ungünstigen klimatischen Verhältnisse und der recht karge Boden hierzulande zwangen viele Bauern aber schon früh zur Aufnahme einer Nebentätigkeit als Handwerker oder Fuhrmann. Im 18. Jahrhundert arbeiteten viele Langenholdinghauser als Leineweber. Nach dem Niedergang der Leineweberei um die Mitte des 19. Jahrhunderts erlangte dann die Beschäftigung in den Industriebetrieben eine immer größere Bedeutung. Aber auch die Industriearbeiter betrieben die Landwirtschaft weiterhin als „Nebenerwerb“. Noch im Jahre 1950 wurden in 64 der insgesamt 80 Häuser des Dorfes Kühe und Rinder gehalten. Heute gibt es in Langenholdinghausen noch fünf, allesamt im Haupterwerb bewirtschaftete landwirtschaftliche Betriebe. Der wichtigste Produktionszweig ist dabei die Milcherzeugung.


Beim gemeinschaftlichen Mähen der "Ochsenwiese" um 1937/38

Im Blick auf Handel und Gewerbe pflegte Langenholdinghausen schon in den vergangenen Jahrhunderten enge Beziehungen zu den Ortschaften an Ferndorf und Sieg. Während es von Langenholdinghausen bis zum „Flecken“ eines Fußmarsches von immerhin zwei Stunden bedurfte, war es bis Klafeld nicht einmal halb so weit. Aus der geographischen Lage erklärt sich wohl auch der Sonderstatus des Dorfes hinsichtlich der Lieferung der Holzkohlen in der nassauisch–oranischen Zeit: Von der Verpflichtung, Kohlen aus den Ortschaften des Amtes Freudenberg ausschließlich an Freudenberger Stahlhämmer zu liefern, waren allein Langenholdinghausen und Oberschelden ausgenommen. Die Langenholdinghauser fuhren ihre Kohlen stattdessen zu der viel näher gelegenen Birlenbacher Hütte.

Kirchengeschichtlich gehört Langenholdinghausen seit altersher zum Kirchspiel Oberholzklau. Erste Hinweise auf eine in Langenholdinghausen gelegene Kapelle finden sich in einer Urkunde aus dem Jahr 1477, wie lange diese Kapelle bestand, läßt sich indes nicht eindeutig bestimmen. Im Jahr 1684 errichtete die Gemeinde am Fuße des „Altenbergs“ eine neue Schulkapelle. In dem heute denkmalgeschützten Gebäude wurden Gottesdienste, Trauungen und Taufen abgehalten, gleichzeitig diente es als Schulhaus und als Versammlungsort der politischen Gemeinde. Die Einrichtung eines kommunalen Friedhofes erfolgte 1857.

Seit den 1870er Jahren wird das kulturelle Leben des Dorfes mitbestimmt durch die Aktivitäten verschiedenster Vereine und Gruppen. Ihre vornehmlichen Ziele waren und sind die Pflege und Förderung der Gemeinschaft und der Geselligkeit, eine sinnvolle Gestaltung der Freizeit durch die musische oder sportliche Betätigung, die Stärkung des Heimatbewußtseins, die Einflußnahme auf die Gestaltung des Dorfes und seiner Umgebung, die Erforschung der Ortsgeschichte sowie die Stärkung und Verbreitung der christlichen Lehre. Unter den derzeit 18 Vereinen und Gemeinschaften des Dorfes sind die in den 1870er Jahren ins Leben gerufene Evangelische Gemeinschaft und der im Jahr 1876 gegründete Männergesangverein „Orpheus“ Langenholdinghausen die ältesten.


Vor der Kapellenschule am "Alten Berg" um 1927/28

Wohl mehr als 1000 Jahre lang war das Dorf Langenholdinghausen ein eigenständiges Gemeinwesen. Ab 1966 bildete es dann einen Teil der vormaligen Stadt Hüttental, und seit 1975 ist es ein Teil der Stadt Siegen. Dennoch hat sich in Langenholdinghausen bis zum heutigen Tage ein örtliches Selbstbewußtsein erhalten. Im Jahr 2002 feierte das Dorf die 725. Wiederkehr seiner ersten schriftlichen Erwähnung. An den „Tagen der Dorfgeschichte“ am 10. und 11. August d. J. wurde die Vergangenheit vor der Fachwerkkulisse des alten Ortes wieder lebendig. Bei zahlreichen Vorführungen und Ausstellungen konnten die Bürger von Langenholdinghausen mehr als 10 000 Gäste willkommen heißen.

© Ernst Otto Ohrndorf


Ausführliche Informationen zur Geschichte von Langenholdinghausen bietet die …

Ortschronik Langenholdinghausen
von Ernst-Otto Ohrndorf

alle 3 Bände auf einer CD-Rom / insgesamt 2500 Seiten mit ca. 800 Abbildungen in guter Qualität

In der Chronik wird das Werden und Wachsen des Dorfes, die Geschichte der Anwesen und ihrer Bewohner, außergewöhnliche Vorkommnisse, aber auch das alltägliche dörfliche Leben während der vergangenen Jahrhunderte ausführlich und anschaulich dargestellt.

Band I : Langenholdinghausen – eine Siegerländer Gemeinde und ihre Bewohner

Band II : Langenholdinghausen – das Berufs- und Arbeitsleben einer Siegerländer Gemeinde

Band III: Langenholdinghausen – Beiträge zur Kultur- und Sozialgeschichte eines Siegerländer Dorfes

Preis: 19,50 Euro

Bezugsadressen: Ernst-Otto Ohrndorf, Holdinghauserstraße 55a, 57078 Siegen

oder Dietmar Ehrhardt, 57078 Siegen

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